Göttlich herausgeputzt

Eine kleine, denkmalgeschützte Dorfkirche bekommt ein neues Dach. Ohne das unermüdliche Engagement der Kirchengemeinde wäre das nie passiert.

Kann es sein, dass eine kleine, baufällige Kirche in einem kleinen Dorf in Vorpommern den ganzen Ort in Atem hält? Dass sich um Finanzierung, Holzlieferungen und Bauabnahmen ein wahrer Krimi entspinnt? Das ist durchaus möglich, wie die Sanierung der Kirche in Wegezin, rund 40 Kilometer südlich von Greifswald, zeigt. Das kleine neoromanische Kirchlein wurde in den Jahren 1861/62 erbaut. Schon im Jahr 2014 wurden erhebliche Schäden an Mauerwerk, Dachstuhl und Dacheindeckung entdeckt, doch die Sanierung ließ aufgrund fehlender finanzieller Mittel lange auf sich warten.

 

BIBER Profil Berliner Kulturbiber Segmentschnitt - naturrot

Zahlreiche Schäden

Der Bau besteht aus einem rechteckigen Kirchenschiff mit ostseitiger Apsis. Im Innenraum befindet sich auf einer kleinen Empore eine Winterkirche, also ein kleinerer beheizbarer Raum, der den Kirchenbesuch im Winter erträglicher macht. Die beiden Giebelwände sind aufwändig gestaltet mit stufenförmig gegliederten Staffelgiebeln. Das Mauerwerk besteht aus Feldsteinen, in beiden Giebeln wird es von Ziegeln abgelöst. Die kleine Kirche benötigte dringend ein neues Dach, da bei Regen bereits Wasser in den Bau drang, das dem Holz, gemeinsam mit Schädlingen, schon erheblichen Schaden zugefügt hatte. Doch der geschätzte finanzielle Aufwand war hoch und nicht allein durch die Kirchengemeinde zu stemmen. Die engagierten Dorfbewohner ließen sich davon jedoch nicht entmutigen und machten sich auf die lange Suche nach Fördermitteln.
 

In die Archive geschaut

Einen Pluspunkt auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten brachte ein Blick in die Archive: Er ergab, dass in dem Bau einst Marie Schnür getauft wurde, die in Wegezin ihre Jugend verbrachte. Die Künstlerin wird in der Literatur selten erwähnt, prägte mit ihren Titelbildern für die Zeitschrift „Jugend“ jedoch ein Stück des Jugendstils mit. Berühmt hingegen ist bis heute ihr Ehemann Franz Marc, der als der bedeutendste Maler des Expressionismus in Deutschland gilt. Mit diesem historischen Fund konnten die Wegeziner auf eine kulturhistorische Bedeutung der unter Denkmalschutz stehenden Kirche hinweisen und erhielten schließlich einen ersten Förderbescheid.

Sanierung immer aufwendiger

Doch schnell machte sich Ernüchterung breit, denn die Sanierung sollte doch deutlich teurer werden als ursprünglich geplant. Im Dickicht aus Förderfristen und schon zugesagten Geldern, drohte die Sanierung fast an nicht pünktlich gelieferten großdimensionierten Balken aus Bayern zu scheitern, doch der „Förderkrimi“ ging am Ende gut aus und die Wegeziner konnten mit gut gefülltem Geldsäckl loslegen. Einfache Arbeiten, wie das Abdecken der Holzgestühle und des Fußbodens im Inneren der Kirche, erledigten die Gemeindemitglieder selbst. Die eigentliche Sanierung führten aber Fachfirmen aus. Da die rund 160 Jahre alte Kirche unter Denkmalschutz steht, hatte auch die Denkmalpflege bei der Sanierung ein Wörtchen mitzureden. Jedes bauliche Detail wurde mit den Experten abgestimmt: Sämtliche Anschlüsse, Farben und Materialien mussten vorab mit den Denkmalschützern besprochen werden. Darüber hinaus zeigte sich im Gebälk eine Hylotox-Problematik, eine Kontaminierung mit giftigen Holzschutzmitteln, die in der Sanierung mit bedacht werden musste.

 

 

Endlich: Das Gerüst steht

Erwartungsvoll blickten die Bewohner auf den Aufbau der Gerüste und den Startschuss für die Arbeiten. Die stolze, laut Gutachten 156 Jahre alte Dacheindeckung war verschlissen und undicht. Zunächst wurden sie und die ebenso alte Lattung entfernt und ein temporäres, regensicheres Dach aus Folie installiert. Danach konnte die Ertüchtigung des Dachstuhls, ein Kehlbalkendach mit 15 Achsen, beginnen. Im Decken- und Dachtragwerk waren umfangreiche Schäden durch Insekten-, Pilzbefall und Wassereinbruch. Diese wurden beseitigt und Holzbalken nötigenfalls ausgetauscht oder verstärkt. Insbesondere die Balkenköpfe, die im Mauerwerk auflagen, waren durch schadhafte Stellen in den Mauerwerksfugen Feuchtigkeit ausgesetzt und mussten instandgesetzt werden. In Atem hielten die Dorfbewohner die benötigten langen und massiven Balken für den Dachstuhl: Das Denkmalamt schrieb Vollholz vor, weshalb die Balken aus Bayern geordert werden mussten. Sie kamen jedoch sehr verspätet auf die Baustelle. Den Bauherren saß jedoch die Zeit im Nacken: Laut Förderbescheid mussten die Arbeiten bis zu einem gewissen Termin abgeschlossen sein – am Ende reichte die Zeit glücklicherweise aus. Im Dachraum befand sich auch ein historischer Glockenstuhl für zwei Glocken. Der Glockenstuhl war verdreht und wurde im Zuge der Sanierungsarbeiten korrigiert.

Das Gerüst steht

 

Neue Biber für das Dach

Nach der vollständigen Sanierung des Dachstuhls ging es an die neue Eindeckung. Die alten Dachlatten, die zum Teil Schäden aufwiesen und deren gesamte Nutzungsdauer erreicht war, waren bereits bei der Installation des Foliendachs entfernt worden. Zunächst wurde eine neue Lattung installiert. Auf dieser konnte dann schließlich eingedeckt werden. Verwendet wurde nach Absprache mit dem Denkmalamt der Biberschwanzziegel Profil Berliner Kulturbiber Segmentschnitt in naturrot von Creaton. Die Ziegel wurden in Doppeldeckung verlegt. Vor allem die Stärke der gewählten Ziegel spielte eine gewichtige Rolle, um das Gesamtbild der Dacheindeckung zu erhalten. Diskussionen gab es um die Installation einer Unterspannbahn. Doch das Denkmalamt lehnte diese mit Verweis darauf ab, dass diese in der ursprünglichen, historischen Konstruktion nicht vorhanden war und Kirchendächer seit Jahrhunderten ohne sie gedeckt werden. 

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Ein Platz für Störche

Neue Dachziegel gab es nicht nur für die großen Flächen: Auch die Apsis wurde komplett abgedeckt und neu eingedeckt. Darüber hinaus wurden auf den Zinnen schadhafte Stellen ausgebessert und zum Teil ersetzt. Ein kleines Rätsel rankt sich noch um das Kreuz, das nun wieder auf dem westseitigen Giebel steht: Vermutlich gab es einst auf beiden Giebeln Kreuze. Heute existiert nur noch eines, das nun über dem Portal prangt. Die Störche danken es der Geschichte, denn sie nutzen den Platz hoch über dem Dorf gern zum Verweilen. Zum Dank „verzieren“ sie das Kirchendach, bis der nächste kräftige Regen kommt. 

 

Innenraumsanierung begonnen

Auch die Holzbalkendecke des Kirchenraums erfuhr eine umfangreiche Sanierung. Dazu wurde zunächst ein Montageboden in das Kirchenschiff eingezogen. Dann wurde die Oberschalung, ein Dielenbelag, der den Fußboden im Dachraum bildete, gegen eine neue Dielenlage ausgetauscht. Bei einer früheren Sanierung waren auf der Unterseite zwischen den Balken Hartfaserplatten eingefügt worden. Diese wurden ebenfalls entfernt. Die so teilweise erneuerte Deckenkonstruktion erhielt auf der Unterseite abschließend einen neuen Anstrich, der an die Farbgebung im Kirchenschiff angepasst wurde. Für die Gemeinde bleibt trotzdem noch genug zu tun. Der Innenraum benötigt einen neuen Anstrich. Das schadhafte Feldsteinmauerwerk müsste dringend komplett neu verfugt und die Fenster saniert werden. Die jetzigen Arbeiten umfassten am Giebel nur das Ausbessern besonders schadhafter Stellen mit Mörtel aus Muschelkalk. Doch um diese Arbeiten in Angriff zu nehmen, werden auf absehbare Zeit wohl die finanziellen Mittel fehlen. Den umtriebigen Wegezinern ist da aber sicherlich noch einiges zuzutrauen.

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Steckbrief

Objekt/Standort
neoromanische Kirche aus den Jahren 1861/62, Denkmalschutz
D-17391 Wegezin

Dachdeckerarbeiten
Medow Bau, 
D-17391 Medow
www.medow-bau.de

Produkt
Biberschwanzziegel Profil Berliner Kulturbiber Segmentschnitt in naturrot