Kleine Zeitreise
Mit den Arbeiten begann auch eine Zeitreise in die Vergangenheit. Die Spuren der Sanierung aus den vierziger und fünfziger Jahren konnte Dachdeckermeister Dusko Prica auch im Jahr 2019 noch finden. Ein besonders interessanter Fund waren einige geprägte Dachziegel. „Die Markierung ließ sich noch gut entziffern. Sie trugen das Datum ihrer Entstehung: der 01.09.1950“, berichtet der Dachdecker von seinem Fund. Die Zeitangabe passt auch genau zur Historie des Baus, denn das Dach kommt bekanntlich bei der Sanierung zuletzt. Und gab es noch weitere interessante Funde? „Bis auf ein paar Taubenskelette eigentlich nicht“, lacht der Dachdecker.
Im Mai 2019 machten er und sein Team sich schließlich ans Werk. Sämtliche Dachdecker- und Spenglerarbeiten haben die Handwerker in den folgenden Monaten erledigen können, bis das Dach Mitte September in neuem Glanz erstrahlte. Die Spenglerarbeiten gestalteten sich hochwertig: Wo vorher verzinkte Bleche und Rinnen verbaut waren, glänzen auf Betreiben der Kirche nun Kupferelemente.
Hohe Windlast
Die Arbeiten auf einem hohen Kirchendach bringen immer einige Herausforderungen mit sich. Steht die Kirche aber zusätzlich noch in exponierter Lage auf einem Hügel, ist zusätzliche Vorsicht geboten. Das galt insbesondere bei der Berechnung der Windlast und des Windsogs, dem die Dachflächen ausgesetzt sind. Die Auswertung ergab, dass jeder Ziegel einzeln mit Sturmklammern aus dem Creaton Zubehör-Sortiment gesichert werden musste, um Schäden zu vermeiden. Doch nur mit einer neuen Eindeckung war es nicht getan. Die Dachdecker bauten die Dachhaut komplett bis auf die Sparren zurück. Anschließend installierten sie eine neue Unterspannbahn, Konterlattung und Lattung. „Fünf Kilometer Lattung und 6000 bis 7000 Nägel kamen schon zusammen“, rechnet Dusko Prica vor. Anschließend deckte das Team die Dachflächen mit rund 24.000 Biberschwanzziegeln ein. Um diese auf das Dach zu transportieren, konnte Dusko Prica auf sein eigenes Gerät zurückgreifen. „Mit unserem eigenen Kran konnten wir unabhängig das Material nach oben fördern. Die enorme Höhe war also kein Problem“, berichtet der Dachdecker. Doch ganz allein macht auch ein Kran die Arbeit nicht. „An den Tagen, an denen Dachziegel auf das Dach gebracht und gesteckt werden mussten, waren wir immer mit fünf oder sechs Mitarbeitern vor Ort, an anderen Tagen je nach Arbeit auch nur zu zweit“, gibt er Auskunft.
Gute Werbung
Und was hat ihm dieser Herzensauftrag persönlich gebracht? „Die Stadtkirche Böblingen ist ein schönes Vorzeigeobjekt, um unsere Leistungen darzustellen“, erklärt der Dachdeckermeister, „Sie ist aber auch eine sehr gute Werbung, denn während der Arbeiten fand das Stadtfest auf dem Platz davor statt und wir hatten natürlich unsere Unternehmensplanen an die Gerüste gehängt.“ Vielleicht hat sie ja sogar jemand aus Sindelfingen gesehen und dort wartet schon das nächste Denkmalschutzobjekt auf ihn.