Die Braucommune Freistadt ist weltweit einzigartig. Die Brauerei gehört weder einem großen internationalen Konzern noch einer alteingesessenen Unternehmerfamilie, sondern allen Hausbesitzern der Freistädter Altstadt. Seit weit über 200 Jahren bewährt sich dieses Konzept, auch wenn den Teilhabern – der Besitz ist an die Gebäude gebunden, nicht an Personen – ihre Dividende inzwischen in Euro ausbezahlt wird und nicht mehr in flüssiger Form.
Fast so alt wie das Gesellschaftermodell der größten Brauerei des Mühlviertels ist das Brauhaus, das 1777 fertiggestellt wurde und heute vor allem gastronomisch genutzt wird. Natürlich steht das historisch bedeutsame Gebäude seit langem unter Denkmalschutz, weshalb die Braucommune auf vertraute Partner setzte, als die 120 Jahre alte Bedachung durch neue Ziegel ersetzt werden sollte: Die Firma Kapl Bau aus Bad Leonfelden gehört mit fast 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern der Region und wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach von der Brauerei beauftragt. Unter der Leitung von Bauleiter Markus Fleischanderl und Polier Christian Burgstaller haben sich ab März 2019 fünf Mitarbeiter daran gemacht, die Bedachung für die nächsten Jahrzehnte aufzubringen.
Individuelle Optik nach Denkmalschutzvorgaben
Der Denkmalschutz setzte in Bezug auf das zu verwendende Material natürlich Grenzen und auch den Eigentümern war eine möglichst originalgetreue und hochwertige Deckung wichtig. Aus diesem Grund entschied man sich in Freistadt für Biberschwanzziegel der Firma Creaton. Extra für das Gebäude in Freistadt stellte der Hersteller 18 mm dicke „Sakral“-Ziegel in drei verschiedenen Längen zusammen, die sich durch ihren Geradschnitt mit scharfen Ecken ideal eigneten, um den Charakter des Brauhauses bis hinauf zum First zu erhalten. Neben der Standardlänge von 38 cm kamen in diesem Fall außerdem jeweils zu einem Drittel Ziegel mit 36 und 40 cm zum Einsatz. Durch die aufgeraute Oberfläche, die das Denkmalamt vorgegeben hatte, sowie bewusst genutzte Farbunterschiede, passt sich die neue Bedachung noch nahtloser in die historische Umgebung ein. Ausgeführt wurden die Arbeiten in Doppeldeckung, wobei es dem Zufall überlassen wurde, welche der drei verwendeten Ziegellängen jeweils zum Einsatz kam. Die so entstandene Optik verleiht dem Dach nicht nur einen individuellen Anblick, sondern unterstreicht auch die Ursprünge des Gebäudes und seine Entstehung lange vor der Etablierung von Herstellungs- und Baunormen. Mit dem Firstziegel BZ von Creaton entschied man sich für eine funktionale, optisch zurückhaltende Lösung, die den Charakter der Bedachung optimal ergänzt.
Etappenweise verlegt
Insgesamt misst die Dachfläche über alle Gebäudeflügel und Nebengebäude hinweg etwa 2.800 Quadratmeter, die Neigung beträgt 52°. Eine solche Fläche lässt sich natürlich nur abschnittsweise bearbeiten: Stück für Stück entfernten die Handwerker die alten Tonziegel sowie die Lattung und ersetzen sie durch neues Material. Jeden Abend wurde das Dach provisorisch abgedichtet, um Wassereintritt und entsprechenden Schäden am Gebäude vorzubeugen. Im Rahmen der Arbeiten nahm das Team von Kapl Bau auch den Dachstuhl genauer unter die Lupe. „Doch trotz seines stolzen Alters von fast 250 Jahren war dieser in einem ungewöhnlich guten Zustand“, wie Fleischanderl sagt. Lediglich die Aufschieblinge mussten erneuert werden. Sparren und Mauerbänke wurden nur vereinzelt verstärkt oder ergänzt.
Etwa 108.000 Ziegel hat das Team um Fleischanderl und Burgstaller in Freistadt über einen Zeitraum von etwa drei Monaten hinweg insgesamt verlegt. Kapl Bau verarbeitet seit langer Zeit fast ausschließlich Creaton-Produkte „und auch in diesem Fall haben Optik, Qualität und der Preis überzeugt“, so der Bauleiter. Dass die Ziegel auch die Zustimmung des Denkmalamts finden mussten, versteht sich in diesem Fall von selbst.
Ziegel in drei verschiedenen Längen wurden in zufälliger Reihenfolge verlegt und geben dem Dach so einen denkmalgerechten Anblick.
Die Firstziegel BZ von Creaton ergänzen das Ziegelbild
Alt gegen neu: klassische Biberschwanzziegel wurden durch solche mit Geradschnitt ersetzt.
Eine handwerkliche Herausforderung stellten die zahlreichen Ziegelkehlen dar.
Der Dachstuhl stammt von 1777, ist aber nach wie vor in einem sehr guten Zustand.
Biberschwanz ist Denkmals Liebling
Mit seinen Biberschwanz-Ziegeln ist das Unternehmen Creaton immer wieder an einzigartigen Dach-Sanierungen beteiligt, darunter vor wenigen Jahren auch beim UNESCO-Weltkulturerbe Stift Göttweig mit einer Dachfläche von stolzen 18.000 Quadratmetern. Im vergangenen Jahr „war das Brauereigebäude schon ein Highlight“ für Creaton in Österreich, wie Fachberater Andreas Wolfinger nicht ohne Stolz erzählt. Er erinnert sich vor allem an die aufwendige Konstruktion der Biberschwanzkehlen. Diese wurden drei Ziegel breit mit Zweierteilung ausgeführt. Denkmalgerechte Neueindeckungen dieser Größenordnung stellen die Beteiligten immer vor Herausforderungen. „Hier ist Flexibilität gefragt und Creaton kann kurzfristig Ziegel in den unterschiedlichsten Größen liefern, die exakt dem Kundenwunsch oder den Anforderungen vor Ort entsprechen.“
Empfindliche Anwohner
Im Falle der Freistädter Braucommune war das Gelingen, abgesehen von den baulichen Gegebenheiten und dem richtigen Material, darüber hinaus von ungewöhnlichen und sehr empfindsamen Bewohnern abhängig, deren Fortpflanzungsverhalten den Zeitraum für die Arbeiten vorgab: Seit Langem nisten große Mausohren, die größten in Österreich vorkommenden Fledermäuse auf dem Dachboden der Brauerei, die bereits 2008 als „fledermausfreundliches Gebäude“ ausgezeichnet wurde und 400 von ihnen ein Zuhause bietet. Um die Tiere während der Aufzucht ihrer Jungen im Frühsommer nicht zu stören, wurde der Trakt rund um den Nistplatz als erstes fertiggestellt. „Außerdem durften wir nur zu bestimmten Monaten arbeiten“, erklärt Markus Fleischanderl die Einschränkungen durch die tierischen Untermieter. Grundsätzlich seien die Begegnungen mit ihnen aber problemfrei und äußerst friedlich verlaufen. Ebenfalls mit Blick auf die Fledermäuse wurden unter dem Giebel Ein- und Ausflugslöcher platziert, um ihnen das Leben unter dem Dach so angenehm wie möglich zu gestalten. Und nach den erfolgreich abgeschlossenen Arbeiten haben die tierischen Bewohner jetzt auch wieder einige Jahrzehnte lang Ruhe.
Steckbrief
Objekt/Standort
Denkmalgeschützte Brauerei in Freistadt/Österreich
Bauzeit
3 Monate ab März 2019
Dachdeckerarbeiten
Kapl Bau GmbH
A-4190 Bad Leonfelden
https://www.kaplbau.at/
Produkt
Biberschwanzziegel SAKRAL Geradschnitt in naturrot (3 verschiedene Längen 36, 38 und 40cm), Firstziegel